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Finanzen & Rechtliches
Sind öffentlich bestellte Sachverständige noch zeitgemäß?

Sind öffentlich bestellte Sachverständige noch zeitgemäß?

Öffentlich bestellte Sachverständige genießen in Deutschland traditionell ein hohes Ansehen. Sie sollen für Neutralität, besondere Fachkunde und Vertrauen stehen. Doch immer häufiger wird hinterfragt, ob dieses System im modernen Bauwesen noch gerechtfertigt ist. Viele Bauherren, Anwälte und sogar Fachkollegen berichten von mangelnder Qualität, veralteten Verfahren und zweifelhaften Gutachten.
Unsere Erfahrung zeigt: Das System der öffentlichen Bestellung steht auf dem Prüfstand – und das aus gutem Grund.

Was bedeutet „öffentlich bestellt und vereidigt“?

Ein öffentlich bestellter Sachverständiger wird von einer Kammer – etwa der Handwerkskammer (HWK) oder Industrie- und Handelskammer (IHK) – offiziell bestellt. Ziel dieser Bestellung ist es, dass Gerichte, Behörden und private Auftraggeber auf besonders qualifizierte und neutrale Experten zurückgreifen können.

Die Bestellung erfolgt nach einer Prüfung der fachlichen Qualifikation, persönlichen Eignung und Unabhängigkeit. Der Sachverständige legt einen Eid ab, seine Gutachten unparteiisch, gewissenhaft und nach bestem Wissen zu erstellen. Auf dem Papier klingt dieses System ideal – in der Praxis zeigen sich jedoch deutliche Schwächen.

Wenn du wissen möchtest, was ein Sachverständiger genau macht, findest du das in diesem Artikel.

Fachliche Mängel und Gefälligkeitsgutachten nehmen zu

In den letzten Jahren häufen sich Fälle, in denen Gutachten von öffentlich bestellten Sachverständigen erhebliche Fehler aufweisen oder deutlich einseitig erscheinen. Immer wieder berichten Bauherren und Anwälte, dass Gutachten mangelhaft recherchiert, fehlerhaft bewertet oder oberflächlich erstellt wurden.
Besonders kritisch: Wenn solche Gutachten vor Gericht eingesetzt werden, kann ein falsches Urteil auf Grundlage unvollständiger oder tendenziöser Informationen gefällt werden.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Abhängigkeit von der Kammer, die die Bestellung ausspricht. Einige Sachverständige scheinen sich ihrer Position zu sicher und verlassen sich auf den formalen Status, anstatt kontinuierlich ihre Fachkenntnisse zu vertiefen. Dadurch entstehen Gefälligkeitsgutachten – bewusst oder unbewusst begünstigend für eine Partei.

Studien der letzten Jahre belegen, dass Fehlerquoten in technischen Gerichtsgutachten deutlich höher liegen, als es das Vertrauen in öffentlich bestellte Sachverständige vermuten lässt. Fachleute fordern daher schon länger eine Reform des Gutachterwesens, die auf Qualitätssicherung, regelmäßige Fachprüfungen und echte Unabhängigkeit setzt.

Zweifel an Unabhängigkeit und Neutralität

Ein häufig unterschätztes Problem ist die mangelnde Unabhängigkeit mancher öffentlich bestellter Sachverständiger.
Gerade im Bauwesen sind viele Experten selbst Unternehmer, Mitglieder in Innungen oder über Aufträge wirtschaftlich mit denselben Firmen verbunden, die sie später begutachten sollen.
Diese Nähe kann – bewusst oder unbewusst – zu Interessenkonflikten führen.

Auch unsere Erfahrung zeigt, dass ein Teil der von der Handwerkskammer bestellten Sachverständigen nicht immer völlig neutral agiert. Natürlich gibt es viele seriöse und gewissenhafte Fachleute – doch der Anteil problematischer Gutachten ist zu groß, um ihn zu ignorieren.

Wer ein schlechtes Bauchgefühl bei einem Gutachten hat, sollte daher keinesfalls zögern, eine unabhängige Zweitprüfung durch einen anderen Experten einzuholen. Oft lassen sich dabei gravierende Bewertungsfehler oder unklare Formulierungen aufdecken.

Ist das System der öffentlichen Bestellung noch zeitgemäß?

Die Idee hinter der öffentlichen Bestellung war einmal richtig: Vertrauen schaffen und Qualität sichern. Doch die Baupraxis hat sich verändert.
Bautechniken, Materialien und Rechtslagen entwickeln sich rasant weiter – das System der Bestellung aber bleibt bürokratisch, träge und intransparent.

Kritiker bemängeln, dass die öffentliche Bestellung zunehmend ein Titel statt ein Qualitätssiegel geworden ist. Viele wirklich kompetente Bausachverständige arbeiten längst außerhalb des Systems, da die Bestellung weder bessere Bezahlung noch mehr Anerkennung bringt, aber viel Bürokratie mit sich zieht.

Gerade im Zeitalter spezialisierter Gutachter und unabhängiger Prüfstellen stellt sich daher die berechtigte Frage:
Brauchen wir öffentlich bestellte Sachverständige überhaupt noch – oder eine neue, transparente Form der Qualifizierung?

Fazit: Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser

Ein öffentlich bestellter Sachverständiger ist nicht automatisch der bessere Gutachter. Der Titel allein schützt nicht vor Fehlern, Parteilichkeit oder Überforderung.
Bauherren sollten daher immer auf ihr Bauchgefühl hören und bei Unsicherheit einen zweiten, unabhängigen Experten hinzuziehen.
So lässt sich vermeiden, dass ein fehlerhaftes oder einseitiges Gutachten gravierende finanzielle oder rechtliche Folgen hat.

Wenn du wissen willst, was genau der Unterschied zwischen Gutachter und Sachverständigem ist, dann erfährst du hier mehr.

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